Vehlin

 

Die Kirche zu Vehlin

Daten, Zahlen, Fakten...

 

 

Ortsüblich, so auch in Vehlin, überragt die Kirche in der Mitte des Ortes sämtliche Gebäude des Dorfes. Das Baujahr des Gebäudes ist nicht urkundlich benannt. Damals, nach dem beendeten Kreuzzug 1149, erfolgte von Havelberg ausgehend die Eroberung des Landstriches und die Niederlassung mit meist deutschem Adel nebst Gefolgschaften. Diese ersten Besiedlungspläne mit der Erschließung der heutigen Dörfer war um 1300 abgeschlossen. Unter Erwägung verschiedenster Aspekte lässt sich die Gründung Vehlins, verbunden mit der Errichtung einer einfachen Kirche der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts zuordnen. Urkundlich wird die jetzige Kirche, wie Vehlin selber, erst ab 1448 erwähnt. In Fachkreisen werden die Feldsteinkirchen in Dannenwalde, Kolrep, Lindenberg, Garz, Groß Welle, Vehlin, Söllenthin, Demerthin, Schilde, Kehrberg, Nebelin, Drewen und Gantikow, zu den ältesten der Prignitz gezählt.

 

 

Kirche 1900

Eine Mutmaßung besagt, dass es erst den Turm als so genannte Turmburg, als Wehrturm gegeben haben soll und das Kirchenschiff später angebaut wurde. Dafür spricht die Ausstattung des Turmes und dass es keinen Durchgang zum Schiff gibt, dagegen - die identische Bauweise beider Teile, der Grundriss und die genaue Ausrichtung der Breitseite in Ost/West Richtung.
Außerdem wurden solche Türme meist von Rittern und auf Hügeln errichtet, hatten ringsherum einen Graben, dann folgten die Hütten der Bewohner und ein Schutzwall. Von alldem trifft nichts auf Vehlin zu.
Wenn man sich das Mauerwerk zwischen Turm und Schiff betrachtet, sieht man deutlich frühere Bauabschlüsse. Die Lagen dieser vertikalen Baunähte lassen aber eher darauf schließen, dass der Turm an das schon vorhandene Kirchenschiff gebaut wurde.

(Bild: Zeichnung der Kirche um 1900)

 

 

Das Für und Wider ließe sich noch fortsetzen, wir gehen aber heute davon aus, dass Kirche und Turm zeitnah mehrphasig gebaut wurde und der Turm zusätzlich für Beobachtung genutzt und zur Verteidigung vorgesehen wurde.

 

Hier noch ein paar Gedanken zum Abschätzen des Zeitpunktes des Baues der Kirche:

 

• Sie soll, wie auch das Dorf selbst, zu den ältesten der Prignitz gehören, die in der ersten Phase der Einwanderung der Deutschen in das Slavengebiet bis ca. 1300 geplant und gebaut wurden. Oft wurden jedoch beim Erschließen einer Ortschaft einfache Kirchen, meist in Holzbauweise, errichtet. Die recht massiv gebaute Kirche wie wir sie heute sehen, stammt also höchstwahrscheinlich nicht aus den Gründerjahren. Vehlin, möglicherweise unter anderem Namen, gab es schon viel früher als Wendische Siedlung. (Hilgenwall)

 

• Im 12. Jh. wurden fünfseitig behauene Feldsteine benutzt. Ab ca. 1300 wurden nur noch die Ecksteine behauen, die restlichen wurden nur gespalten. Noch später, etwa ab dem fünfzehnten Jahrhundert, mancherorts auch früher, wurde dazu übergegangen Backsteinkanten zu setzen. Die Vehliner Kirche hat an der Südost-Ecke eine behauene Feldsteinkante, die anderen sind aus Backstein. Durch diese gemischte Bauweise kann nicht eindeutig auf eine genaue Zeit schließen.

 

• Die Dachschräge des Schiffes beträgt exakt 60°. Kirchendächer mit diesem Winkel wurden von den ersten Jahren der Besiedlung bis ca. 1350 - und dann erst wieder ab ca. 1450 gebaut.

 

• Teilweise sieht man scherbenartige Ausfütterungen der Hohlräume zwischen den Lagen der Steine. Dieses wurde bei gespaltenen Feldsteinen im 14. Jh. praktiziert. Später verwendete man dickere Mörtelschichten, auch wurden die Steine dann nicht mehr in Lagen angeordnet. Mit solchen Aussagen kann man auch nur grob schätzen. Manche Handwerker arbeiten traditionell, andere modern …

 

•  Ein früherer Berichterstatter schreibt, dass die Kirche um 1620 vielleicht 200 Jahre alt gewesen sein könnte. Anscheinend wusste er es schon damals nicht genau.

 

 

Jetzt wissen wir es (fast) ganz genau! (Nachtrag 2012)

 

 

 

 

Ende des Jahres 2011 fanden durch den Denkmalschutz des Landkreises umfangreiche Untersuchungen statt. Fünf Hölzer des noch ursprünglichen, spätgotischen Dachstuhles wurden dendrochronologisch abgeglichen. Ergebnis: Die fünf Hölzer stammen von fünf verschiedenen Eichen. Die Bäume für vier dieser Eichenbalken/Sparren wurden im Jahr 1448 gefällt, einer im Jahr 1446. Die älteste Eiche war 110, die jüngste nur 48 Jahre alt. Zur damaligen Zeit wurden die im Winter zweckbestimmt geschlagenen Hölzer in fast allen Fällen ohne Ablagerung im darauffolgenden Sommer verbaut.

 

Wir können demnach davon ausgehen, dass das heutige Dachwerk im Jahr 1449 errichtet wurde und noch im selben Jahr der gegenwärtige Kirchensaalbau fertiggestellt wurde. Bis zu fünfzig Jahre später wurde dann der Turm errichtet.

Dabei wurde die signifikante Bauweise des Havelberger Domes mit quer vor dem Schiff stehendem Westturm kennzeichnend auch für die Vehliner Kirche übernommen. Das Alter des Fachwerkaufbaues des Turmes ist noch ungeklärt.

 

Zitat aus dem abschließenden Bericht des Denkmalschutzes:

 

Bei dem spätgotischen Dachwerk in Vehlin handelt es sich also um die fast vollständig bis in die heutige Zeit überkommende Dachkonstruktion des Ursprungsbaus. Der Vehliner Kirchenneubau fällt demnach in die Regierungszeit des Kurfürsten und Markgrafen von Brandenburg Friedrich II. gen. der Eiserne (1440 - 1470). Von eventuellen Vorgängerbauten-/Konstruktionen blieben keine Hölzer erhalten. Diese sind aber durchaus im Rahmen der flächendeckenden Ost-Neubesiedlung anzunehmen.

Das Dorf Vehlin wird trotz später schriftlicher Ersterwähnung ggf. auch mit einer nahe gelegenen, wüst gefallenen Altsiedlung mehrere Generationen älter sein, sicher noch in ihren Ursprüngen in die slawische Zeit des Hochmittelalters zurückgehen. Von einer Neubesiedlung im Rahmen der deutschen Ostbesiedlung ist deshalb ungefähr in den 1220/30er Jahren auszugehen. Der erste Kirchenbau wird aus ökonomischen und zeitsparenden Gründen komplett als Holzbau errichtet worden sein (so wie z. B. in Groß Welle / Krampfer).

 

 

Das alles deckt sich größtenteils mit den eigenen Nachforschungen und Erkenntnissen.

Die Vehliner sind glücklich, endlich das genaue Alter ihrer Kirche zu wissen.

 

 

 

 

 

 

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